Das Erscheinen der Gesammelten Schriften Franz Rosenzweigs stellt ein
Ereignis von besonderem geistigen Rang dar. Denn es ist ganz
unbestritten, daß Franz Rosenzweig zu den bedeutend- sten jüdischen
Denkern unseres Jahrhunderts gehört, ja, daß er vermutlich sogar weit
über unsere Epoche hinaus von Bedeutung sein wird. E. Levinas hat
Rosenzweig nicht zu Unrecht Gestalten wie Blaise Pascal und Sören
Kierkegaard an die Seite gestelltl. Gleichwohl ist das Werk Rosenzweigs
bis jetzt nur schwer zu- gänglich gewesen. Und zwar nicht nur aus den
Gründen, derent- wegen auch sonst ein Werk, das Entscheidendes zu sagen
hat, seine Zeit braucht, bis es zugänglich wird, sondern auch deshalb,
weil sich dem Schicksal des Werkes Rosenzweigs die leidvollen Spuren der
jüdischen Emigration deutlich eingegraben haben. Franz Rosenzweig starb
42-jährig im Dezember 1929, drei Jahre vor dem Ausbruch der braunen
Diktatur. Edith Rosen- zweig, seine Gattin, konnte zwar 1935 und 1937
noch die Kleine- ren Schriften und eine Auswahl aus Rosenzweigs Briefen
ver- öffentlichen. Die beiden Bände gehören zu den wenigen umfang-
reicheren von Juden verfaßten Büchern, deren Druck in jenen Jahren
möglich war. An weitere Veröffentlichungen war damals aber nicht zu
denken. Der handschriftliche Nachlaß Rosenzweigs wurde zum Teil
Glatzernach den Vereinigten Staaten, zum Teil durch Nahum N.